Es ist die traurige Wahrheit:
Viele „klassische“ Eisdielen rühren ihr Eis en, indem sie einfach Milch mit einem „Eisbasis-Pulver“ sowie einer Aromapaste mischen. Ist ja auch sehr bequem: Kurz abwägen, mischen und ab in die Eismaschine. Das Ergebnis schmeckt reproduzierbar gleich, es geht schnell und es ist billig. Die Bequemlichkeit geht jedoch zu Lasten der Kunden, welche nicht genau wissen, was im Eis enthalten ist.
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Drei verschiedene Verdickungsmittel als Pulver
Auch für den Hausgebrauch gibt es mittlerweile immer mehr Anbieter, welche „Eisbasis“ in Pulverform verkaufen. Die Werbung möchte Anfängern in der Eisherstellung gerne glauben lassen, dass sogenannte „Eisbasis“-Pulver es deutlich erleichtern würden, ein cremiges Eis zu produzieren. Der Nachteil ist jedoch, dass den meisten Leuten oft unklar ist, woraus diese Pulvermischungen überhaupt bestehen. Die Hersteller werden auch selten genau, sondern werben vor allem damit, dass das Eis „schön cremig wird“ und eine „zarte Konsistenz erhält“.
Schauen wir uns deshalb einmal die Zutaten einiger Eispulver an, um zu verstehen, was genau sie bewirken und wie dieser Effekt ansonsten ohne Pulver gelöst werden würde.
Bei der Hobbybäckerei.de wird ein „Eispulver Milcheisbasis“ angeboten, welches „unverzichtbar“ sei für die Eisherstellung und deren Wirkung ansonsten nur mit Eigelb zu erzielen sei. Die Zutaten sind in absteigender Reihenfolge:
„Glukose, Magermilchpulver, Verdickungsmittel: E466, E417, E401, natürliches Aroma, Emulgator: E472a, E472b, Glucosesirup, Stabilisator: E450, Aroma. Kann Spuren von Hühnerei, Soja, Gluten, Weizen und Nuss enthalten.“
Elf Zutaten, von denen sich sechs hinter E-Kürzeln verstecken und zwei nicht näher benannte „Aroma“-Stoffe.
Glukose ist nichts anderes als Traubenzucker, eine Zuckerart, für die in anderen Rezepten oft Haushaltszucker genommen wird. Magermilchpulver erhöht die Trockenmasse im Eismix, kann aber auch durch andere Bilanzierungen erreicht werden.
Die drei Verdickungsmittel sind Natrium-Carboxymethyl-Cellulose (E466), Tarakernmehl (E417) sowie Natriumalginat (E401) aus der Braunalge. Alle drei Stoffe können viel Wasser binden und sorgen deshalb für eine festere Konsistenz und dafür, dass das Eis nicht so schnell schmilzt. Tarakernmehl ist sehr ähnlich wie Johannisbrotkernmehl, welches ich auch öfter als Bindemittel verwende. Der Nachteil vor allem bei den anderen beiden Stoffen ist, dass deren gesundheitliche Auswirkungen umstritten sind wie Gentechnik bei der Herstellung eingesetzt werden kann. Außerdem sind es alles sehr stark verarbeitete Stoffe, was unserem Ziel, möglichst natürliches Eis herzustellen, widerspricht.
E472a ist ein „Essigsäureester von Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren“ und E472b ist ein „E472b ist „Milchsäureester von Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren“. Beide Stoffe binden Luft im Eis und wirken zusammen effektiver als alleine. Diese Fettsäuren können aus tierischen Rohstoffen hergestellt werden, üblicherweise werden jedoch Soja- oder andere pflanzliche Öle sowie Glycerin verwendet. Das bedeutet, auch hier kann Gentechnik drinstecken.
Glukosesirup ist eine weitere Zuckerart, welche weniger süß ist, und damit zur Regulierung des Zuckeranteils im Eis wichtig ist, welcher wiederum für eine gute Konsistenz sorgt. Der Stabilisator E450 steht für „Diphosphate“, die chemisch mit der Phosporsäure verwandt sind. Zum ominösen „natürlichen Aroma“ findet sich bei Wikipedia der vielsagende Absatz:
„Bei als „natürlich“ ausgewiesenen Aromen ohne Angabe ihrer Herkunft ist dagegen davon auszugehen, dass sie biotechnologisch aus anderen Ausgangsstoffen erzeugt wurden, d. h. unter Verwendung von Bakterien, Pilzen oder Enzymen. So können etwa aus Schimmelpilz-Kulturen Aromen hergestellt werden, die nach Pfirsich, Kokos oder Nuss schmecken, und natürliches Aroma mit Himbeergeschmack wird zumeist aus Zedernholzöl gewonnen. Vanillin kann als natürliches Aroma deklariert werden, wenn es gentechnisch erzeugt wurde, während es bei der üblichen Erzeugung aus Abfällen der Zellstoff-Gewinnung (Sulfitablauge) oder aus Erdöl früher als naturidentisch eingestuft wurde und heute einfach als Aroma ohne nähere Kennzeichnung deklariert wird.“
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass in einem Standard-Eisbasis-Pulver das Aroma nach Vanille schmecken soll. Ich selbst würde natürlich lieber zu echter Vanille greifen als Erdöl-Abfälle in meiner Eiscreme zu haben.
Für Allergiker sind die fünf verschiedenen Stoffe, welche Allergien auslösen könnten, ebenfalls von Nachteil. Der Nährstofftabelle nach besteht das Pulver zu ca. 73% aus Zucker.
Kurzum: Von diesem Eispulver würde ich abraten. Der Effekt kann mit weniger und naturbelasseneren Zutaten ebenso und günstiger erreicht werden.
Es gibt aber verschiedene Anbieter, so bietet die Eisfachschule eine „Milchbase 30″ an für ein „zartschmelzendes Milcheis ohne die ansonsten typische Kristallbildung“. Das ist eine Mischung aus „Magermilchpulver, Dextrose, Glukose, Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl“. Das ist im Grunde unbedenklich.
Magermilchpulver erhöht die Trockenmasse, Dextrose und Glukose sind zwei Arten von Traubenzucker und Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl sind zwei häufig verwendete Verdickungsmittel, welche zusammen einen stärkeren Effekt erzielen als beide Stoffe alleine. Diese Mischung findet sich in vielen professionellen Eiscreme-Herstellungen, zum Beispiel in den Rezepten von Simons Eisbuch. Der Vorteil dieser Milchbase ist, dass die fünf Zutaten nicht mehr einzeln zusammengemischt werden müssen. Der Nachteil ist der höhere Preis im Vergleich zum Selbermischen. Eine Nährwerttabelle gibt es jedoch leider nicht auf der Anbieterseite.
Bei backfun.de gibt eine „Basis für frisches Eis“, die wieder eine deutliche mysteriösere Zutatenliste enthält:
„Zucker, MAGERMILCHPULVER, Dextrose, Emulgator: E 472b, E 477; Verdickungsmittel: E 499; Guarkernmehl, Aroma.“
Zucker ist in jedem Eis enthalten, Magermilchpulver als Trockenmasse-Regulator haben wir auch schon angesprochen. Dann folgt wieder Dextrose (Traubenzucker) sowie zwei Emulgatoren. E472b ist „Milchsäureester von Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren“, im Grunde ein harmloses Bindemittel, mit dem Nachteil, dass die Herstellung nicht transparent erfolgt, also zum Beispiel nicht klar ist, ob Öl von gentechnisch veränderten Sojapflanzen eingesetzt wird. E477 ist „Propylenglycolester von Speisefettsäuren“. Das ist ein chemisch hergestellter Stoff, welcher auch Gentechnik enthalten kann und nicht immer vegan ist. Außerdem wird als Höchstmenge für den Verzehr 25mg/kg Körpergewicht empfohlen.
Das Verdickungsmittel E499 steht für „Cassia-Gum“, ein Mehl aus der Senna-Pflanze, die zu den Johannisbrotgewächsen gehört. Interessant finde ich vor allem die Wahl der Nummer, denn Cassia-Gum gibt es auch als Zusatzstoff E427. E499 ist der gleiche, diese Nummer wird jedoch für Tierfutter verwendet. Guarkernmehl ist ein weiteres Verdickungsmittel, welches harmlos ist. Bei dem nichtnäher definierten „Aroma“ wäre ich genauso vorsichtig wie beim ersten Eispulver. Außerdem sind hier insgesamt ca. 89% Zucker enthalten, der alleine natürlich deutlich günstiger zu haben wäre. Auch hier mein Fazit: Finger weg.
Von der Firma Diamant gibt es etliche „Eiszauber“-Pulver, von denen wir uns stellvertretend nur das „Diamant Eiszauber für Milch“ anschauen wollen, welches ich auch schon in der Praxis getestet hatte. Mit insgesamt 12 Zutaten haben die Eiszauber-Pulver die längste Zutatenliste, wobei sich jedoch immerhin nichts hinter E-Nummern versteckt wird:
„Glukosesirup, Dextrose, Magermilchpulver, Pflanzenfett ganz gehärtet (Palm, Kokosnuss), Zucker, Emulgator (Essigsäureester von Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren), natürliches Vanillearoma, Milcheiweiß, Verdickungsmittel (Carrageen, Guarkernmehl), Farbstoff Carotine“
Interessanterweise enthält dieses Eispulver mit ca. 40% von allen Eispulvern am „wenigsten“ Zucker.Die Liste beginnt mit Glukosesirup, einer Zuckerart, gefolgt von Dextrose (Traubenzucker). Wieder das Magermilchpulver, danach zwei verschiedene gehärtete Pflanzenfette. Diese Transfette sind günstig in der Herstellung, aber gesundheitlich ebenfalls stark umstritten. Als nächstes steht Haushaltszucker auf der Liste, dann die von oben bekannte Essigsäurester (E472a), die Luft binden kann.Es folgt „natürliches Vanillearoma“, welches immerhin im Gegensatz zu den obigen namenlosen „Aromen“ immerhin wirklich aus Vanille hergestellt werden muss. Milcheiweiß ist das Protein der Milch, welchen Zweck es hier erfüllt, ist mir nicht ganz klar, ich vermute ebenfalls Regulierung der Trockenmaße oder schlicht Erhöhung des Proteingehalts. Als nächstes stehen zwei Verdickungsmittel auf der Liste. Guarkernmehl (E412) ist harmlos, Carrageen (E407) wird aus Rotalgen gewonnen und bei Wikipedia werden einige gesundheitliche Effekte genannt. Der Farbstoff Carotine (E160a) ist zum Beispiel in Mohrüben enthalten, kann aber auch synthetisch hergestellt werden. Er dient nur optischen Zwecken und soll vermutlich das Eispulver und das fertige Eis gelblicher wirken lassen, wie es bei der Verwendung von Eigelb der Fall wäre.
Auch hier gilt wieder: Mit natürlicher Eisherstellung hat das Pulver nur noch wenig gemeinsam. Hier ist alles enthalten, was auch im Fertigeis aus dem Supermarkt drin ist. Wer sich auf wenige, hochwertige Zutaten in seinem Eis konzentrieren will, sollte das Pulver meiden. Als Bindemittel reicht in der Regel zum Beispiel Eigelb, Johannisbrotkernmehl, Speisestärke oder ähnliches. Wer mehrere Verdickungsmittel kombiniert, erzielt in der Regel einen stärkeren Effekt als die Wirkung beider Mittel einzeln addiert.
Wer will, kann sich so ein Eisbasis-Pulver auch selbst mixen. Das ist günstiger und man hat die volle Kontrolle, welche Zutaten in welcher Qualität enthalten sind. Eine Anleitung kommt hier bald im Blog.
Sind Eisbasis-Pulver nun wirklich nötig, um cremiges Eis zu machen? Nein.
Wer bei der Rezepterstellung auf ein ausgewogenes Verhältnis von Zucker, Fett, Wasser und Verdickungsmitteln achtet, erhält ebenfalls leckeres Eis ohne eventuell unbekannte Inhaltsstoffe.
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