
Um Eis mit perfekter Konsistenz herzustellen, bedarf es entweder vieler Experimente oder – deutlich einfacher – etwas Mathematik. Gelungene Eiscreme besteht in der Regel aus einer bestimmten Zusammenstellung verschiedener Zutaten: Wasser, Zucker, Fett und Trockenmasse sollten in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen, um die ideale Mischung aus Geschmack, Süße und Cremigkeit zu erreichen.
Gutes Eis enthält beispielsweise höchstens 10% Fett, ca. 17–22% Zucker, ca. 35–40% Trockenmasse und ca. 60–65% Wasseranteil. Bei Sorbets sind die Werte etwas anders.

Eisbilanzierung am Beispiel eines alten Vanilleeis-Rezepts von 1900.
Das Berechnen dieser Verhältnisse nennt sich „Eis-Bilanzierung“. Das kann man aus Erfahrung lernen, viel bequemer ist es jedoch, sich die Werte ausrechnen zu lassen: Dafür gibt es verschiedene Tools, von denen ich euch einige vorstellen will.
Die meisten dieser Tools sind für professionelle Eismacher in Eisdielen konzipiert und berechnen neben den Rezept-Bilanzen oft auch die Herstellungskosten, Nährwerte und so weiter.
Da gibt es das „Eisbilanzierung-Tool“ der Eisfachschule, den „Eiskonfigurator“ der Eiswerkstatt, den „Eiscreator“ vom Eisforum und so weiter. Diese Profi-Tools kosten meist so zwischen 300–400 Euro und sind damit für den Hobbygebrauch viel zu teuer, zumal sie für private Zwecke auch überdimensioniert sind.
Eine deutlich günstigere Variante ist das „Eisprogramm“ von Simon Stuber für 30 Euro. Dieses Tool durfte ich ausgiebig testen und es kaum auch schon in einigen Rezepten in diesem Blog zum Einsatz, zum Beispiel bei diesem Zitronen-Buttermilch-Eis oder zur Kontrolle dieses alten Vanilleeis-Rezepts.
Das Eisprogramm ist im Grunde ein Excel-Tabelle (genauer gesagt für „OpenOffice“, funmit bedingten Formatierungen und Auto-Fill-Ins.
Der Kern dieses (und auch aller anderen) Eisprogramme ist ein Verzeichnis möglicher Zutaten, welche mit ihrem spezifischen Wasser-, Fett-, Zucker- und Trockenmasseanteil gelistet sind. In einem weiteren Tabellenblatt werden dann die gewünschten Zutaten aus einem Dropdown-Feld ausgewählt und die gewünschte Menge eingegeben. Die Auto-Fill-Ins berechnen dann für die gewählte Menge die Fett-, Zuckeranteile und so weiter und am Ende der Tabelle wird alles addiert und automatisch die prozentuale Verteilung berechnet.
Nun kann man relativ einfach sehen, ob die Zutaten passen oder ob das Eis beispielsweise zu wässrig wäre oder zu fettig. Dementsprechend können die Zutaten neu gewichtet werden, bis alle Werte zusammenpassen.
Hilfreich ist hier natürlich etwas theoretisches Verständnis, wie verschiedene Zuckerarten wirken, welche Funktion Fett und Eigelb im Eis haben und so weiter. Hier helfen Eisbücher wie „Eis – Perfektion aus Leidenschaft“ oder „Das Eisbuch“, ebenfalls von Simon Stuber.
Knapp 100 Zutaten sind in der Zutatenliste des Eisprogramms enthalten. Wer weitere Zutaten, die bisher nicht gelistet sind, hinzufügen muss, muss das manuell in der Excel-Tabelle machen und natürlich die entsprechenden Werte kennen. Zucker und Fett steht ja auf jeder Nährwerttabelle, aber Wasser- und Trockenanteile sind schon schwieriger zu ermitteln. Eine gute Ausgangsbasis für eigene Recherchen ist dieser Nährwertrechner, weil in der Detailansicht (auf den Namen der Zutat klicken) der Wasseranteil aufgeführt ist, die Trockenmasse ist also ungefähr die Differenz zu 100%.
Verbesserungswürdig bei der Ergebnisanzeige ist noch, dass es keine visuelle Anzeige gibt, ob der Mix passt. Deshalb habe ich mir mit Hilfe der Funktion „Bedingte Formatierung/Regeln zum Hervorheben von Zeilen“ eigene Filter angelegt, die mir das Ergebnis in Ampelfarben anzeigen: Grün, wenn der Wert einer Zeile ideal innerhalb der vorgebenen Rahmenwerte liegt, Gelb wenn er am Rand innerhalb der Rahmenwerte liegt und Rot, wenn er außerhalb der Rahmenwerte liegt (siehe Screenshot oben).
Etwas umständlich ist auch die Verwaltung der eigenen Rezepte, weil für jedes Rezept ein neues Arbeitsblatt erstellt werden müsste und die Verwaltung dieser in Excel wenig komfortabel ist. Dafür hat Excel eben den Vorteil, dass Leute mit etwas VBA- oder anderen Programmierkenntnissen sich den Funktionsumfang schnell selbst anpassen können.
Wer regelmäßig neue Sorten kreiieren will und sich damit nicht auf sein Glück verlassen will, der findet mit dem Eisprogramm ein günstiges Tool, um die Eiserstellung etwas wissenschaftlicher anzugehen.