
Wir haben ja schon einige Rezepte für leckeres Vanilleeis hier veröffentlicht. Irgendwann bin ich auf einige sehr alte Rezeptbücher gestoßen, welche um die Jahrhundertwende veröffentlicht wurden (damit meine ich 1900, nicht 2000).
Da fragte ich mich, wie die Leute vor über 100 Jahren ihr Vanilleeis hergestellt haben. Die kurze Antwort: Gar nicht so anders wie wir heute.
Die lange Antwort findet ihr ganz unten, wo ich das Originalrezept im Wortlaut wiedergebe. Vorher will ich aber das Rezept in eine etwas verständlichere, alltagstauglichere Form bringen, damit ihr es leichter nachmachen könnt.
Rezept: Vanilleeis original wie bei der Urgroßmutter
Eisvariante: Sahneeis
Schwierigkeitsgrad: Mittel
Zutaten:
- ca. 90 g Eigelb (ca. 6 Eigelb Größe S, ca. 4 Eigelb Größe L)
- 125 g Zucker
- 500 ml Vollmilch
- halbe Stange Vanille
Zubereitung:
- Das Eigelb in einem Topf mit dem Zucker verrühren
- Die halbe Vanilleschote auskratzen und in die Milch geben.
- Die Milch erwärmen und nach und nach zur Zuckermischung geben.
- Die Eismasse in einem kochenden Wasserbad rühren, bis sie dicklich wird (simmern heißt dieser Vorgang, die Masse darf nicht kochen, sonst gerinnt das Eigelb)
- Ist die Eismasse dicklicher geworden, durch ein Sieb streichen und in die Eismachine geben.
- Wer keine Eismaschine hat, folge bitte dieser Anleitung.
Hier nun das Originalrezept im Wortlaut aus dem „Volkskochbuch für die einfach Küche“ von Mary Hahn, erschienen 1939 in der 9. Auflage. Bis zur 5. Auflage hieß das Buch „Schmackhafte Hausmannskost“, die vierte Auflage datiert auf ca. 1914:

Eis auf Serviette angerichtet (Originalillustration aus dem zitierten Kochbuch)
„Vanilleeis. Für 12 Personen. 12 Eigelb werden in einer Kasserolle mit 250 g Zucker recht schaumig gerührt, nach und nach 1 ℓ warme süße Sahne oder Milch, in der man ½ Stange Vanille ausgezogen hat, dazugegeben und nun die Mischung auf gelindem Feuer oder besser im kochenden Wasserbade so lange mit dem Holzlöffel gerührt, bis sie dicklich ist und der hineingetauchte Holzlöffel davon überzogen bleibt, das Zeichen, daß die Eier gar sind. Kochen darf die Mischung auf keinen Fall, weil sonst die Eier gerinnen. Ist sie also dicklich gerührt, so nimmt man sie sofort vom Feuer, streicht sie durch ein Haarsieb und gibt sie erst nach dem Erkalten in die Gefrierbüchse. Noch feiner wird das Eis wenn man nur ¾ ℓ Sahne zum Kochen nimmt und die übrige geschlagen während des Gefrierens hinzugefügt wird.“
Warum habe ich so viele Details geändert?
Nun, die damaligen „Gefrierbüchsen“ oder Eismaschinen müssen echt riesige gewesen sein, denn ca. 1,3 Liter Eismasse würden die meisten heutigen Eismaschinen in die Knie zwingen. Deshalb habe ich das Rezept schon mal halbiert. Die halbe Vanilleschote hingegen habe ich nicht halbiert, stattdessen würde ich empfehlen, lieber eine ganze Schote zu nehmen. Damals war Vanille jedoch noch wertvoller als heute, weshalb damit sehr sparsam umgegangen wurde.
Im Originalrezept wird nicht zwischen Milch oder Sahne unterschieden, aber basierend auf einer Analyse der Trockenmasse (mit Hilfe des Eisprogramms zum Bilanzieren von Simon Stuber, Rezension dazu folgt hier bald) ist das Verhältnis mit Milch deutlich ausgewogener als mit Sahne, wie ihr hier im Vergleich sehen könnt:
Ähnliches gilt für die Größe der Eier: Ich habe die Rechnung einmal mit 90g Eigelb durchgeführt, was ca. Eier der Größe S sind sowie mit 120g Eigelb, was ca. 6 Eiern der Größe L entsprechen würde. Auch hier schnitten die kleinen Eier in der Bilanz besser ab.
Das Eis auf dem Foto ist übrigens von einem anderen Vanilleeis-Rezept, dieses Mal war das Eis leider schneller verputzt als ich ein Foto davon machen konnte.